Linden (rad-net) - Was für ein Rennen: 198 knüppelharte Kilometer, giftige Steigungen, kurvige Abfahrten und am Ende ein großer Sieger. Georg Zimmermann (Intermarché-Wanty) setzte sich im Finale der deutschen Straßenmeisterschaften in Linden gegen Felix Engelhardt (Jayco-AlUla) durch und durfte sich zum ersten Mal das Meistertrikot überstreifen. Sensationell Dritter wurde Anton Schiffer (Bike Aid), der als Continental-Fahrer mit den großen WorldTour-Profis mithielt.
Das war eine der spannendsten deutschen Meisterschaften der letzten Jahre, weil sich nicht schon früh ein Sieger abzeichnete, der allein oder in einer kleinen Gruppe unterwegs war. Das Rennen um den Titel wurde diesmal erst auf der Zielgeraden entschieden, und da setzte sich der Augsburger Georg Zimmermann gegen Felix Engelhardt durch. Mit letzter Kraft hatte sich Zimmermann noch an Engelhardt herangekämpft, der zwei Kilometer vor der Ziellinie eine sechsköpfige Spitzengruppe attackierte.
Die deutschen Straßenmeisterschaften der Männer wurden angesichts der hohen Temperaturen zu einem Ausscheidungsfahren, bei dem trotzdem von Beginn an ein hohes Tempo gefahren wurde. Dafür sorgten in der Anfangsphase die Fahrer aus der sogenannten zweiten Reihe, die mit beherzten Attacken für einen kurzen Augenblick die Aufmerksamkeit der Zuschauer erhaschen konnten. Nach der Hälfte des Rennens aber hatten die Profis die Verhältnisse zurechtgerückt. Nach einem kraftvollen Antritt von Nils Politt (UAE-Team Emirates-XRG) fielen viele Fahrer aussichtslos zurück und vorn sortierten sich die etablieren Profis. Mit einer Ausnahme: Anton Schiffer mischte mit im Reigen der Top-Athleten.
Einer der aktivsten Fahrer des Rennens war Maximilian Schachmann (Soudal-Quick Step). Der frischgebackene Zeitfahrmeister testete immer wieder die Konkurrenz, attackierte unaufhörlich.
Als sich Ende der sechsten Runde mit Zimmermann, Tim Torn Teutenberg (Lidl-Trek) sowie Nico Denz und Jonas Koch (beide Red Bull-Bora-hansgrohe) vier Fahrer an die Spitze setzten, jagten unter anderem Politt, Schachmann und Emanuel Buchmann (Cofidis) hinterher. Bei der sechsten Zielpassage hatte das Spitzenquartett 55 Sekunden Vorsprung. Dann aber verlor Georg Zimmermann nach einem Defekt den Anschluss, fiel zurück. Später konnte er mit der Unterstützung seines Teamkollegen Jonas Rutsch wieder zu den Verfolgern aufschließen.
Vorn kämpften sich indes Schachmann, Buchmann und der Bike Aid-Fahrer Anton Schiffer heran und übernahmen die Führung, während Denz, Koch und Teutenberg von einer Verfolgergruppe um den sehr offensiv kämpfenden Lennard Kämna (Lidl-Trek) und den späteren Zweitplatzierten Engelhardt eingeholt wurden.
Schachmann versuchte immer wieder, den Abstand zu den Verfolgern zu vergrößern, aber seine Kräfte ließen in der letzten Runde nach und er musste 18 Kilometer vor dem Ziel seine Hoffnungen auf die Doppel-Meisterschaft begraben. Auch Buchmann verlor Meter. Nicht aber Anton Schiffer. Er fuhr ein sehr cleveres Rennen, konnte weiter an der Spitze mithalten und am Ende sogar gegen Kämna zur Medaille sprinten.
«Das war heute ein Auf und Ab der Gefühle. Obwohl ich im entscheidenden Moment einen Plattfuß bekam, habe ich mich aber noch mal motivieren können, auch dank dem Supersupport meines Teamkollegen Jonas Rutsch. Am Ende kam alles zusammen. Als Felix Engelhardt antrat, habe ich einen kühlen Kopf bewahrt und bin drangeblieben, konnte auf den letzten Metern noch das bisschen verbliebene Kraft ausspielen», freute sich Zimmermann über seinen bislang größten Erfolg.
Engelhardt sagte: «Ich hatte gute Beine und konnte meine Erwartungen erfüllen. Das war eine unglaublich ehrliche Meisterschaft. Man musste heute aufpassen, dass man nicht so früh bei dieser Hitze die Körner verschießt. Insofern glaube ich, heute alles richtig gemacht zu haben. Der Druck war bei mir schon groß. Jetzt mit dem zweiten Platz gegen den stärksten Fahrer im Finale verloren zu haben, tut zwar weh, aber am Ende kann ich doch zufrieden sein.»
Schiffer sorgte, obwohl er als starker Bergfahrer bekannt ist, für die größte Überraschung des Tages - und zeigte sich begeistert: «Dass ich heute Bronze hole und Kämna im Sprint hinter mir lasse, das kommt schon überraschend. Ich habe mich sehr gut gefühlt, die Strecke kam mir sehr entgegen. Ich bin einfach nur gefahren, in der Hoffnung, dass ich nicht irgendwann doch flöten gehe. Das war meine große Angst, aber jetzt bin ich umso glücklicher.»
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